So geht Laborautomatisierung mit Cobots

Cobots unterstützen auch jenseits der Industrieproduktion, zum Beispiel bei der Analyse von Laborproben. Dr. med. Michael Praus vom Praxisverbund Diagnosticum erzählt, wie ein UR10e ein Messgerät für Blutproben automatisiert bestückt und Fachkräfte entlastet. So kann das Diagnosticum schnelle Ergebnisse liefern.

So entlasten Cobots Laborpersonal | Universal Robots
So entlasten Cobots Laborpersonal | Universal Robots

COVID-19 stellt Unternehmen derzeit vor enorme Herausforderungen. Oftmals müssen sie aus der Not heraus kreativ werden, um den täglichen Betrieb aufrecht zu halten. In unserer Blog-Serie sprechen wir mit Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und Ländern darüber, wie sie den Alltag meistern und trotz Pandemie wettbewerbsfähig agieren können. Cobots können ein wesentlicher Teil dieser Strategie sein. Diesmal beleuchten wir die Labor-Branche und die damit einhergehende Laborautomatisierung.

Das Diagnosticum steht als ärztlicher, inhabergeführter Praxisverbund für zuverlässige und schnelle Befundübermittlungen. An 13 deutschen Standorten versorgen über 600 Mitarbeiter Tag und Nacht mehr als 1.000 ambulante Ärzte sowie eine Vielzahl stationärer Einrichtungen mit Ergebnissen zu Proben aller Bereiche der Labormedizin und Pathologie.

Dr. med. Michael Praus ist stellvertretender geschäftsführender Partner im Diagnosticum. Als Leiter des Standorts Plauen und der angeschlossenen Kliniklabore weiß er genau, mit welchen Herausforderungen die Branche konfrontiert ist.

Herr Praus, was sind die typischen Aufgaben, die Sie im Laboralltag zu bewältigen haben? Wie haben sich die Herausforderungen durch COVID-19 verändert?

Michael Praus: In unserem Labor bearbeiten wir neben Blut- auch mikrobiologische Proben wie Abstriche. In der Pathologie analysieren wir zudem unter anderem Gewebeproben. Wesentliche Herausforderungen sind für uns der zunehmende Preisdruck und der anziehende Wettbewerb. Aber auch mit dem Fachkräftemangel haben wir zu kämpfen.

Durch COVID-19 haben wir die Diagnostik nun zusätzlich auf SARS-Coronavirus-PCR-Tests ausgeweitet. Das bedeutet, dass wir insgesamt mehr Anfragen bekommen und demnach unsere internen Abläufe sowie personelle Auslastungen anpassen müssen. In der neu entstandenen Abteilung wird zum Beispiel im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet, um zeitnah die geforderten PCR-Untersuchungen durchführen zu können.

Konnten Sie problemlos umstrukturieren, um den Arbeitsaufwand in der neu geschaffenen „COVID-19-Abteilung“ zu stemmen?

Michael Praus: Abteilungen und Labore mussten sich personell neu sortieren. Doch nicht alle Bereiche lassen sich einfach umstrukturieren: Wir sprechen hier zum Beispiel über die Notfallversorgung von Krankenhäusern, die zu jeder Zeit gewährleistet sein muss. Ob auf Intensivstationen oder bei OPs – Ärzte benötigen Laborparameter schnellstmöglich, um Patienten im kritischen Zustand effizient versorgen zu können.

Diese Notfalluntersuchungen für Rettungsstellen lassen sich nicht planen und unterliegen keinen geregelten Arbeitszeiten. Die Versorgung muss zu jeder Tages- und Nachtzeit gewährleistet sein. So verbrachte eine technische Assistentin die meiste Zeit des Tages damit, auf die nächsten Proben zu warten. Es gab keinen wirklichen Anreiz für Mitarbeiter, die Nachtschicht zu übernehmen, geschweige denn Fachkräfte für solche Stellen zu begeistern. Dank der Robotik konnten wir diesem Problem begegnen – nun übernimmt ein kollaborierender Roboter, ein Cobot, die unliebsamen Arbeitszeiten.

Wir haben erkannt, dass es schwierig ist, Fachkräfte für Stellen zu begeistern, die rund um die Uhr besetzt sein müssen. Mithilfe der Robotik konnten wir diesen Schritt auf eine Acht-Stunden-Schicht reduzieren. Wenn die menschliche Fachkraft in den Feierabend geht, übernimmt der Cobot.

Dr. med. Michael Praus, Leiter Diagnosticum Plauen

Welches Cobot-Modell setzen Sie ein und wieso haben Sie sich genau für dieses entschieden?

Michael Praus: Aktuell nutzen wir einen UR10e in unserem Kliniklabor in Adorf. Der Einsatz eines zweiten Cobots ist für einen weiteren Laborstandort bereits in Vorbereitung und ein dritter sowie vierter Cobot sind in Planung. Das Modell UR10e hat uns vor allem durch seine große Reichweite überzeugt. Es deckt einen weiten Arbeitsbereich ab, bleibt dabei aber dennoch präzise und ist auch für kleine Chargen ideal geeignet. Dank seiner platzsparenden Bauweise fügt er sich nahtlos in die Laborumgebung ein.

Zudem können nach erfolgreicher Risikobeurteilung und durch die integrierten Sicherheitsfunktionen die Mitarbeiter störungsfrei neben den Robotern arbeiten. Die Cobots sind bei allen Bewegungen sehr leise und dank des modularen Aufbaus ist es möglich, problemlos verschiedene Peripheriegeräte anzubringen. Wir haben bei unseren Cobots Kamera- sowie Greifmodule integriert.

An Schlaf ist nicht zu denken: Der UR10e übernimmt im Diagnosticum problemlos die Nachtschicht.
An Schlaf ist nicht zu denken: Der UR10e übernimmt im Diagnosticum problemlos die Nachtschicht.

Was genau macht der UR10e-Cobot bei Ihnen?

Michael Praus: Der Cobot übernimmt nachts die gleichen Tätigkeiten wie die Laborfachkräfte am Tag: Er untersucht Blutproben. Dazu belädt und entlädt er die Zentrifuge, scannt Analyseröhrchen, entstöpselt diese, stellt sie in das Gerät hinein und nimmt sie nach dem Messvorgang wieder heraus. Der Cobot platziert die Röhrchen anschließend in Racks und belädt damit die Analyseautomaten. Sobald die Proben ausgewertet sind, werden die Ergebnisse automatisch über das Laborinformationssystem (LIS) an den Arzt beziehungsweise das Krankenhaus übermittelt. Die Datenübertragung findet zwischen den unterschiedlichen EDV-Systemen alle zwei bis drei Minuten statt und garantiert somit einen reibungslosen und raschen Informationsaustausch.

Momentan ist es noch so, dass eine Labormitarbeiterin den Barcode auf den Proben vorher scannt und diese einer Klasse zuordnet. Der UR10e übernimmt daraufhin die anschließenden Arbeitsschritte. Wir sind aber bereits dran, auch diesen Schritt zu automatisieren, sodass die Cobots die Proben zukünftig mithilfe einer Kamera zuordnen. Ein Labor, in dem die Fachkraft und der UR10e Seite an Seite arbeiten und ihre Arbeitsschritte ineinander übergehen sowie ein komplett automatisiertes Notfalllabor sind die nächsten Entwicklungsstufen, die wir anstreben.

Wie verlief die Integration?

Michael Praus: Zu Beginn verglichen wir mehrere Angebote und entschieden uns schließlich für Universal Robots, da uns die exakte Verarbeitung und die intuitive Handhabung überzeugten. Als zertifizierter System-Integrator von Universal Robots beriet uns Wassim Saeidi, Geschäftsführer von WS System GmbH. Er unterstützte uns bei der Integration sowie bei der Programmierung. Uns war es wichtig, dass unsere Techniker auch ohne Programmierungserfahrung die Cobots schnell einrichten und bedienen können. Die intuitive und patentierte Technologie von Universal Robots begünstigte das Ganze.

Mithilfe der intuitiven Bedienoberfläche gestaltet sich die Programmierung spielend leicht.
Mithilfe der intuitiven Bedienoberfläche gestaltet sich die Programmierung spielend leicht.

Dank WS System konnten wir einen wichtigen Bereich der Laborbranche problemlos automatisieren. Die anwenderfreundliche Programmierung der Cobots war für uns Techniker besonders wichtig. Vor allem der lokale Support und die Trainings sicherten uns eine reibungslose und schnelle Integration. Auch ohne fundierter Roboter-Programmierkenntnisse können wir mit der intuitiven Oberfläche die Cobots selbst umprogrammieren.

Dipl. Ing. Chris Leinen, Technischer Leiter Diagnosticum

Was sind die wesentlichen Vorteile der Cobots für Sie?

Michael Praus: Wir können mithilfe des Cobots Personalengpässen und Fachkräftemangel entgegenwirken, indem wir das Notfalllabor automatisieren. Die kollaborierenden Roboter übernehmen somit die unliebsame Nachtschicht. Es ist eine wirkliche Chance für die Laborbranche, dass Cobots die Geräte nutzen können, die am Tag von Fachkräften bedient werden. Teure EDV-Schnittstellen werden eingespart, weil Cobots sich einfach programmieren lassen und eingelernte Abläufe beibehalten. Sobald unsere UR10e Cobots auch die Barcodes selbstständig erkennen können, wird sich der Nutzen noch mehr vergrößern.

Dank Cobots wird eine Laborautomatisierung möglich.
Dank Cobots wird eine Laborautomatisierung möglich.

Können Cobots auch zur Eindämmung von Pandemien aushelfen?

Michael Praus: Auf jeden Fall. Der Einsatz von Cobots wäre insbesondere in Bereichen denkbar und sinnvoll, in denen gefährliche sowie hochansteckende Erreger untersucht werden müssen, wie es zum Beispiel bei Ebola der Fall ist. So vermeiden die Roboter, dass Menschen einem signifikanten Infektionsrisiko ausgesetzt werden.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Praus.

Jürgen von Hollen

Jürgen von Hollen is a former President at Universal Robots and is responsible for leading Universal Robots through a period of explosive growth, driving the adoption of easy to use, safe, and economical cobots across the globe. Jürgen von Hollen has extensive international experience living and working in 8 different countries across Europe, America, Asia and Africa. He joined Universal Robots in 2016, previously having been the Executive President of the Engineering Solutions Division which includes the Automation and Controls business of Bilfinger SE, in Mannheim, Germany, a leading international Engineering and Services company. In his role at Bilfinger, he was responsible for a global staff of nearly 10,000 and annual sales in excess of €1billion. Jürgen von Hollen began his career with Daimler-Benz Aerospace and held senior management roles at Daimler-Chrysler Services, Deutsche Telecom and Pentair.

Lokales Büro
  • Teradyne Robotics (Germany) GmbH
  • Zielstattstraße 36
  • 81379 München
Kontaktieren Sie uns: +49 8912189720