Vom Tech-Pionier zum ersten Ansprechpartner für Kunden

Der Cobot, der kollaborierende Roboter von Universal Robots, ist ein Verkaufsschlager in der Automatisierungsbranche. Wie aber lautet das Erfolgsrezept des dänischen Unternehmens? Präsident Jürgen von Hollen gibt in diesem Interview spannende Antworten und wagt einen Blick in die Zukunft von Universal Robots.

Vom Pionier zum Marktversteher| Universal Robots
Vom Pionier zum Marktversteher| Universal Robots

Rund 50.000 verkaufte Cobots weltweit: Exakt 15 Jahre nach seiner Gründung als aufstrebendes Start-up aus Dänemark zählt Universal Robots heute zu den führenden Unternehmen in der Automatisierungsbranche. Zum Jahresende wird Firmenpräsident Jürgen von Hollen den Robotikpionier verlassen. Grund genug, in einem offenen Gespräch Bilanz über seine vier Jahre an der Unternehmensspitze zu ziehen. Er gewährt dabei interessante Einblicke in unterschiedliche Themen. Dazu gehören die Herausforderungen an einen Game Changer auf dem Markt und die Entwicklung hin zu einem Unternehmen, das sich kontinuierlich dafür einsetzt, die besten Lösungen für seine Kunden bereitzustellen.

Was war für Sie in der 15-jährigen Unternehmensgeschichte von Universal Robots rückblickend besonders herausragend?

Jürgen von Hollen: Für mich ist es zunächst einmal eine Bestätigung, zu wissen, dass die Firmengründer damals auf dem richtigen Weg waren und wir das auch heute noch sind. Deshalb beginne ich meine Vorträge auch immer mit unserer Vision, Menschen mehr Handlungsspielraum zu geben. Das ist ja nicht unbedingt das, was man von einem Roboterhersteller erwarten würde. Wir erkannten vor 15 Jahren eine einmalige Chance, Menschen zu damals noch völlig ungeahnten Leistungen bringen zu können. Der Schlüssel zum Erfolg lag in einer neuen Art von Automatisierung, einer Art, die unkompliziert und kollaborativ funktioniert. An dieser Vision hat sich bis heute nichts geändert.

Jürgen von Hollen in der Montage bei Universal Robots in Odense, Dänemark. Dort unterstützen Cobots dabei, neue Cobots anzufertigen.
Jürgen von Hollen in der Montage bei Universal Robots in Odense, Dänemark. Dort unterstützen Cobots dabei, neue Cobots anzufertigen.

Wie ging es weiter mit der Vision? Schließlich haben sich auch die Erwartungen von Anwendern an kollaborierende Roboter verändert.

Jürgen von Hollen: Wir sind unserer Vision und unserem Fokus treu geblieben – trotz der rasanten Entwicklungen im Bereich der kollaborativen Robotik. Viele glauben ja, als Branchenpionier müsse sich der Erfolg automatisch einstellen, weil es keine Konkurrenz gäbe. Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben hart dafür gearbeitet. Wir mussten ein vollkommen neues Marktsegment erschließen, ein weltweites Vertriebsnetzwerk aufbauen, ein Ökosystem von Entwicklern für Komponenten erschaffen und letztlich ein gänzlich neues Geschäftsmodell ins Leben rufen. Es steckt viel Engagement darin, auf sich aufmerksam zu machen, Standards zu setzen und diese zu beeinflussen. Außerdem war es eine Herausforderung, die Wahrnehmung und Erwartungshaltung von Anwendern zu ändern, die bis zu jener Zeit eigentlich nur traditionelle Roboter kannten.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung und neuen Mitbewerber ein?

Jürgen von Hollen: Ich werte es als gutes Signal, dass neue Mitbewerber kommen. Es bestätigt uns darin, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Außerdem trägt diese Entwicklung dazu bei, dass das Thema Robotik eine größere Aufmerksamkeit erhält und auch wir damit mehr potenzielle Kunden erreichen. Um Risiken in der eigenen Lieferkette und Produktion zu vermeiden, sind Anwender natürlich oft vorsichtig mit Lösungen, für die es nur einen Anbieter gibt. Wir haben ein komplett neues Segment aufgebaut. Viele unserer Großkunden haben uns auf Herz und Nieren geprüft, waren aber dennoch zögerlich mit der Implementierung. Als der Markt dann aber rasch größer wurde, sind auch wir schnell gewachsen.

Was bedeutet Marktprofessionalisierung für Universal Robots?

Jürgen von Hollen: Die Ansprüche von Kunden sind mit den Jahren gestiegen, weil sie mehr und mehr auf fortschrittlichere Anwendungen im Produktionsprozess setzen. Die Professionalisierung des Marktes ist ganz natürlich und verlangt von uns, an unserer Technologie, aber auch an unserem Geschäftsmodell zu feilen. Dass diese Reise noch längst nicht vorbei ist, zeigt die stetige Weiterentwicklung von Anwendungen, Kundenanforderungen und Bedingungen. In den nächsten Jahren werden wir zusammen mit unseren Vertriebspartnern und den UR+ Partnern aus dem Ökosystem einen noch engeren Kontakt zu den Anwendern suchen.

Bei Universal Robots beginnt die Entwicklung des Roboters mit einer datenbasierten Darstellung. Der Qualitätsanspruch beeinflusst dabei jeden einzelnen Produktionsschritt auf dem Weg zu einem fertigen Cobot.

Was hat sich in den vergangenen Jahren noch verändert?

Jürgen von Hollen: Als ich 2016 zu Universal Robots kam, waren wir sehr abhängig von unseren Vertriebspartnern. Wir hatten kein genaues Bild von den Kunden, die unsere Cobots einsetzten. Wir sind also ohne detaillierte Marktinformationen gewachsen. Seitdem haben wir viel Arbeit in Systeme und Prozesse gesteckt, die uns dabei helfen, sowohl unsere Vertriebspartner als auch unsere Anwender besser zu verstehen und zu unterstützen. Ein Beispiel dafür ist unsere myUR-Plattform, auf der Kunden und Distributoren sich anmelden und die eigenen Cobots verwalten können. Damit erhalten wir wichtige Informationen für unseren Vertrieb und unsere Kunden. Durch eine datenbasierte Herangehensweise sind wir in der Lage, sehr viel effektiver und effizienter mit unseren Ressourcen umzugehen. Indem wir die Anwendungen verstehen und das, was Kunden mit Cobots tun, können wir unsere Kunden besser unterstützen.

Welche Auswirkungen hatte die Übernahme durch Teradyne im Jahr 2015?

Jürgen von Hollen: Nach der Akquisition bekamen wir Unterstützung in drei wichtigen Bereichen: datengetriebene Arbeitsweise, Supply-Chain-Expertise und strategische Ausrichtung. Das Prinzip der datengetriebenen Entscheidungsfindung hat uns dabei geholfen, Geschäftsabläufe schneller und besser zu begreifen und effektivere Entscheidungen zu treffen. Die Sichtbarkeit, die wir in unserer Branche über die vergangenen Jahre hinweg aufgebaut haben, ist einfach enorm. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir ein sehr gutes Verständnis für unseren Markt entwickeln. Über einen anhaltenden Geschäftserfolg ist es wichtig die entsprechenden Kennzahlen richtig einzusetzen und die gewonnenen Daten zügig in richtige Entscheidungen zu übersetzen.

Einer der ersten von Teradyne optimierten Bereiche war unsere Supply Chain. Dort gab es Schwierigkeiten mit einigen Zulieferern, die mit unserem schnellen Wachstum nicht mitkamen. Teradyne verfügt über ein hervorragendes Supply-Chain-Management, das sich darum kümmert, optimal aufgestellte Zulieferer zu verpflichten und die Kosten zu senken. Bei der Suche nach geeigneten Zulieferern haben wir schon immer auf erstklassige Qualität geachtet. Dieses Kriterium war und ist ausschlaggebend, damit wir Umsatz- und Qualitätsvorgaben einhalten können.

Was bedeutete das konkret für die strategische Ausrichtung von Universal Robots?

Jürgen von Hollen: Wenn Kunden ein Technologieunternehmen wie uns sehen, denken sie, die Differenzierung liege allein in der Technologie. Auf diesem Gebiet haben wir uns viele Jahre bewährt. Doch die technologische Unterscheidung nützt auf lange Sicht nur wenig, wenn sie nicht mit etwas anderem kombiniert wird. Bei Universal Robots haben wir daher eine Vielzahl strategischer Komponenten, die uns in der Summe einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Zu den wichtigsten Bausteinen zählen das Vertriebsnetzwerk, das UR+ Ökosystem und die UR Academy. Das UR+ Ökosystem besteht aus Entwicklern, die viele Komponenten für unsere Cobots anbieten, darunter Peripheriegeräte, Software sowie Anwendungs-Kits. Das alles können Kunden ganz bequem auf unserer UR+ Plattform online finden. Der UR Academy ist es gelungen, den Markt durch kostenlose Onlinetrainings so grundlegend zu verändern, dass wirklich jeder ein Roboterprogrammierer werden kann. Dadurch haben Kunden seither noch mehr Ideen für mögliche Cobot-Einsatzgebiete erhalten.

Welche Einsatzgebiete für kollaborierende Roboter sind das? Und warum ist die enge Beziehung zu Kunden für Sie so wichtig?

Jürgen von Hollen: Lange Zeit waren wir ausschließlich ein Produktunternehmen. Heute wollen wir verstehen, wie Kunden unsere Cobots nutzen und wie wir Kunden dabei unterstützen können. Denn letzten Endes kaufen Verbraucher nicht bloß einen Cobot – sie kaufen eine praktische Anwendung, die den jeweiligen Ansprüchen gerecht wird. Die Art, wie unsere Cobots eingesetzt werden, bestimmt die Vorstellung, die Kunden von unserem Produkt haben, und das wiederum beeinflusst die Leistung des Cobots in einer gewissen Anwendungssituation. Qualität hängt maßgeblich von der richtigen Verwendung ab und Kunden interessiert letztlich nur, ob die Aufgabe insgesamt erfolgreich gelöst wurde oder nicht. Aus diesem Grund müssen wir immer transparenter agieren und für ein rundum gelungenes Kundenerlebnis stets sehr eng mit unseren Partnern arbeiten.

Wie wird es weitergehen bei Universal Robots?

Jürgen von Hollen: Nun bietet sich uns die einmalige Gelegenheit, das Beste aus unserer Marktposition, unserem UR+ Ökosystem und unserem Partnernetzwerk zu machen. Der Erfolg von Universal Robots wird von drei Faktoren bestimmt: Wir müssen alle Ressourcen inner- und außerhalb des Unternehmens auch weiterhin bestmöglich einsetzen, unsere Vorhaben richtig umsetzen und fortwährend dazulernen und besser werden. Dann können Kunden gemeinsam mit uns wachsen und großartige Dinge leisten. Für mich persönlich ist das der spannendste Part.

Alexander Pschera

Alexander Pschera ist Autor, Herausgeber und Publizist sowie Technik-Journalist. Er schreibt unter anderem für CICERO, für Cicero.online, den SWR und für Deutschlandradio Kultur. Neben eigenen literaturwissenschaftlichen Publikationen verfasst Alexander Pschera Artikel und Online-Texte. Er ist als Sprecher bei Radio-Essays zu hören sowie als engagierter Moderator tätig. Alexander Pschera studierte in Heidelberg Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie. Er lebt mit seiner Familie plus Hund in München.

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