Clever kombiniert: Cobots finden Einzug in die Intralogistik

Dank künstlicher Intelligenz und Robotiklösung könnte die manuelle Kommissionierung in der Intralogistik bald der Vergangenheit angehören. Doch warum hat die Automatisierung so lange auf sich warten lassen? Zwei Experten erklären

Die Automatisierung der Intralogistik | Universal Robots
Die Automatisierung der Intralogistik | Universal Robots

In der Intralogistik läuft heute noch vieles manuell ab. Waren müssen häufig händisch ausgewählt und zusammengetragen, am Ende der Fertigung zusätzlich verpackt und versendet werden. Und das, obwohl die E-Commerce Nachfrage und somit auch die Belastung von Mitarbeitern in der Logistik stark zunimmt. Bereits vor Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Online-Bestellungen drastisch angestiegen. Im Jahr 2020 wurden im B2C-E-Commerce fast 73 Milliarden Euro umgesetzt, ein Plus von 23 Prozent (Quelle: Statista). 4,05 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) wurden in Deutschland verschickt – 10,9 % mehr als im Vorjahr 2019 (Quelle: biek).

Vom Picken der Waren, über das Verpacken bis hin zum Versand treffen viele Komponenten aufeinander und zahlreiche, komplexe Schritte müssen bedacht werden. „Dabei sprechen wir von Akkordarbeit. Und natürlich verschlimmert die ständig wachsende Zahl an Bestellungen das ganze Thema“, sagt Danny Denk, Geschäftsführer von Ecosphere Automation. Doch die Intralogistik befinde sich im Wandel. Material- und Warenflüsse innerhalb eines Lagerbetriebs oder auch innerhalb der vorgelagerten Fertigung sollen schneller, digitaler, automatisiert sein. Einen Lösungsansatz bieten kollaborierende Roboter (Cobots), die bei der automatisierten Kommissionierlösung “SINA” und im Logistikunternehmen DCL Logistics bereits zum Einsatz kommen.

Weg von der manuellen Kommissionierung

Ein zentraler Punkt der Intralogistik ist die Kommissionierung. Nach bestimmten Vorgaben werden Produkte aus einer Gesamtmenge ausgewählt und zusammengestellt. Gängig ist sowohl bei großen als auch bei kleineren Unternehmen das sogenannte Pick-by-Light-System. Über ein Lichtsignal wird Mitarbeitern angezeigt, welches Teil sie im Lager auswählen müssen. Eine stupide, monotone Tätigkeit, bei der Menschen stundenlang an Regalen vorbeilaufen, Teile greifen und für den Versand oder die Werkbank vorbereiten.

Doch was macht die Automatisierung gerade im Bereich der Intralogistik so schwierig? „Die Automatisierung der Logistik ist ein weites Feld und findet in vielen Bereichen schon länger statt. Jetzt fängt man immer stärker damit an, das Ganze flexibler zu gestalten“, erklärt Christian Fenk von robominds.

Dass so viele verschiedene Komponenten und Variablen bei der Kommissionierung zusammenlaufen, macht die Automatisierung so komplex. „Das sind knifflige Prozesse, die mit Standard-Lösungen, wie sie die letzten 30 Jahre da waren, nur schwer automatisierbar sind”, sagt Danny Denk. “Dementsprechend nutzen wir Leichtbau, Robotik und künstliche Intelligenz, die robominds bereits mit ihrem Kamerasystem mitbringt. Damit haben wir neue Tools in der Hand, um diese Art von Automatisierung anzugehen.”

Auch der vorherrschende Fachkräftemangel zwingt zum technischen Fortschritt. Während gerade mit der Babyboomer-Generation noch ausreichend Stellen besetzt waren, ist es heute schwer, genügend qualifiziertes Personal zu finden. „Erstens haben wir weniger Arbeiter zur Verfügung und zweitens will das heute keiner mehr machen“, so Danny Denk. „Wenn man sich die statistischen Zahlen mal anschaut, fällt es einem wie Schuppen von den Augen. Wenn wir jetzt nicht anfangen zu automatisieren, werden wir in zehn Jahren massivste Probleme haben.“ In der Tat: Laut Ifo-Umfrage beklagen im Sektor Lagerei 43,9 Prozent der Firmen einen Fachkräftemangel (Quelle: DVZ).

Danny Denk, Geschäftsführer von Ecosphere Automation GmbH, realisierte ein Pilotprojekt zur automatisierten Intralogistik in Fichtenau.
Danny Denk, Geschäftsführer von Ecosphere Automation GmbH, realisierte ein Pilotprojekt zur automatisierten Intralogistik in Fichtenau.

Während gerade mit der Babyboomer-Generation noch ausreichend Stellen besetzt waren, ist es heute schwer, genügend qualifiziertes Personal zu finden.

Danny Denk, Geschäftsführer von Ecosphere Automation GmbH

DCL-Logistics setzt auf Cobots

Herausforderungen, vor denen auch DCL Logistics stand. Das Logistikunternehmen bedient hauptsächlich wachstumsstarke Betriebe über ihr Distributionszentrum in Kentucky, Los Angeles und im Silicon Valley. Eine automatisierte Lösung musste her, um den großen Arbeitsaufwand kostengünstiger zu bewältigen. Bereits vorhandene Roboter-Kommissionierlösungen konnten die Erwartungen des Unternehmens an ein flexibles System jedoch nicht erfüllen. Daher entschloss das DCL-Team, es selbst zu bauen.

Auf der Suche nach der richtigen Roboteroption stießen sie auf den Cobot UR10, der mit seinem modularen Aufbau und seiner hohen Flexibilität in der Programmierung überzeugte und sich leicht in die geplante Anwendung von DCL integrieren ließ. Diese umfasst ein Förderband, das Kisten sammelt und in eine Ladeposition bringt. Der Roboter nimmt Produkte aus einem Regal auf, bringt sie zu einem Scanner und legt sie dann in den Karton. Die Anwendung kann 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ohne menschliche Interaktion laufen.

Bis dahin waren fünf Mitarbeiter für die Kommissionierung verantwortlich. Was die in einem Tag schafften, bewältigt das Robotersystem innerhalb von zwei Stunden. Zudem werden 50 Prozent der Arbeitskosten eingespart.

Vielversprechend: Die Automatisierung der Prozesse entlastet die Mitarbeiter von monotonen Arbeitsabläufen.
Vielversprechend: Die Automatisierung der Prozesse entlastet die Mitarbeiter von monotonen Arbeitsabläufen.

SINA automatisiert die Intralogistik

Auch die Pilotanwendung SINA, an der Denny Denk und Christian Fenk beteiligt sind, setzt auf Cobots. SINA steht für “Smarte Kommissionierlösung für die INtralogistik Automatisierung”.Mit ihr wird die Produktionsbestückung von Anfang bis zum Ende gedacht wird. Alle Vorgänge sind aufeinander abgestimmt, Arbeitsabläufe sind komplett optimiert.

Das Besondere an dem Projekt ist, dass acht Unternehmen daran mitgearbeitet haben. Ecosphere Automation, EffiMat, MiR (Mobile industrial Robots), piab, robominds, RoEQ, SICK und Universal Robots (UR) vereint die Leidenschaft, die Automatisierung der Intralogistik voranzutreiben. „Das ist echte Partnerschaft, das ist mal richtig, richtig cool. Das gab es in der Form noch nicht“, sagt Christian Fenk.

Die Automatisierung der Kommissionierung steht im Zentrum des Projekts SINA.Zwei Cobots bilden den Kern von SINA.Nichts geringeres als die Zukunft der Intralogistik hat das Projekt SINA im Blick.

Zwei Cobots im Zentrum einer mobilen Packstation

Ein Lagerlift von EffiMat, ein Turm bestückt mit Waren, ist der Ausgangspunkt der Anwendung. Er wurde mit zwei UR10e Cobots ausgestattet. Versehen mit einem Sauggreifer nehmen sie Teile auf, die ihnen aus dem Turm zur Verfügung gestellt werden. Um die Varianzen der Teile zielsicher erkennen zu können, werden die Cobots mit dem intelligenten Visionsystem robobrain.vision von robominds gesteuert. Ist eine Kiste vor dem EffiMat Turm fertig gepackten werden sie von autonom fahrenden, mobilen Robotern, den MiR250 mit einem Aufsatzvon ROEQ zur Werkbank befördert. Auf der Rückseite des Turms befindet sich ein Förderband, über das das Lager sowohl manuell als auch über zwei Cobots bestückt werden kann. Ein Sicherheitssystem von SICK rundet das Projekt ab. Es sorgt dafür, dass Mitarbeiter sich unmittelbar im Handlungsfeld der Cobots bewegen können. Treten sie den Robotern näher, verringern sie ihre Geschwindigkeit oder stoppen bei zu engem Kontakt. Bei Ecosphere liefen alle Fäden für das Projekt zusammen. Als Systemintegrator sorgt das Unternehmen für den Aufbau und den reibungslosen Ablauf der Applikation.

Christian Fenk, Chief Sales Officer bei robominds, freut sich über die Partnerschaft beim Projekt SINA.
Christian Fenk, Chief Sales Officer bei robominds, freut sich über die Partnerschaft beim Projekt SINA.

KI und Robotiklösung als Zukunftsmodell

Christian Fenk ist überzeugt davon, dass Kommissionierlösungen wie SINA „die Zukunft der Intralogistik“ sind. „Die Rumlauferei hört auf. Wir sparen wahnsinnig viel Platz. Das Ganze ist dann auch noch flexibel und modular. Das heißt, das System kann wachsen und weitere Aufgaben übernehmen.“ Außerdem ist es für den Kunden wichtig, eine schnelle Lösung parat zu haben.

Beide Projekte zeigen, dass trotz komplexer Schnittstellen die Automatisierung der Intralogistik möglich ist. Die erhöhte Nachfrage, der Preiskampf sowie der Fachkräftemangel machen sie unumgänglich. Künstliche Intelligenz und Robotiklösungen sorgen für einen schnelleren Arbeitsablauf und ersetzen immer mehr manuelle Aufgaben. Lösungen, die Unternehmen und Kunden gleichermaßen zufrieden stellen.

Andrea Alboni

Andrea Alboni ist General Manager Western Europe bei Universal Robots. Mit Leidenschaft und Know-how verantwortet er das Geschäft in den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz. Die hohe KMU-Dichte im DACH-Raum bietet eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten für die flexiblen, kostengünstigen Cobots. Andrea Alboni bringt seine über zehnjährige Sales-Expertise ein, um gemeinsam mit Universal Robots die Entwicklung und den Einsatz kollaborativer Robotik sowie das Wachstum am Markt weiter voranzutreiben.

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