Was macht eigentlich eine Robotik-Ingenieurin?

Titanilla Komenda ist Robotik-Ingenieurin bei der Fraunhofer Austria Research GmbH. In diesem Beitrag gibt sie spannende Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Wie finden Unternehmen die richtige Cobot-Lösung, worauf kommt es bei der Integration an und warum ist beim Thema Automatisierung Kreativität gefragt?

Der Beruf einer Robotik-Ingenieurin | Universal Robots
Der Beruf einer Robotik-Ingenieurin | Universal Robots

Titanilla Komenda ist Robotik-Ingenieurin bei der Fraunhofer Austria Research GmbH und begleitet Firmen bei der Erstellung, Umsetzung und Inbetriebnahme von innovativen und kollaborativen Roboteranwendungen. In unserem Zweiteiler „Fragen an eine Robotik-Ingenieurin“ gibt sie als Gastautorin einen Einblick in ihren Alltag. Im ersten Teil erklärt sie, was den Job einer Robotik-Ingenieurin ausmacht und wie sich Cobots ideal in den Arbeitsablauf integrieren lassen. Was die Must-haves von Robotik in der Industrie sind und wie die zukünftigen Trends in Industrie und Robotik aussehen, verrät sie im zweiten Teil.

Zwischen Forschung und Praxis

Wie erreichen Fertigungsbetriebe absolute Exzellenz in ihrer Wertschöpfung? Mit dieser Frage beschäftigen wir uns bei Fraunhofer Austria Research GmbH jeden Tag. Als Institut für angewandte Forschung im Bereich Advanced Industrial Management sind wir in verschiedenen Bereichen tätig. Wir:

  • arbeiten an innovativen und neuen Robotik-Konzepten
  • unterstützen den digitalen Fortschritt in bestimmten Branchen sowie Ländern
  • widmen uns den konkreten Problemstellungen aus der Industrie.

Persönlich habe ich mich dabei auf die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) spezialisiert: Ich betreue als Ingenieurin Projekte, die die Entwicklung undIntegration von kollaborierenden Robotern in der Industrie, sogenannten Cobots, einschließen. So sehe ich mich als Robotik-Ingenieurin an der Schnittschnelle zwischen Forschung und Praxis.

Titanilla Komenda arbeitet als Robotik-Ingenieurin bei der Fraunhofer Austria Research GmbH.
Titanilla Komenda arbeitet als Robotik-Ingenieurin bei der Fraunhofer Austria Research GmbH.

Die passende Cobot-Lösung finden

Wir bei Fraunhofer werden meist dann kontaktiert, sobald es um komplexe Problemstellungen geht, die gänzlich neue und zukunftsweisende Lösungen voraussetzen. Als Robotik-Ingenieurin dreht sich mein Alltag nicht selten um bis dato unzugängliche Bereiche der Robotik, die erst durch einen kreativen, kollaborativen Lösungsansatz für die Industrie erschlossen werden.

Einblick in die Praxis

Mit Melecs EWS, einem Elektronikfertigungs-Dienstleister, habe ich gemeinsam die Verpackung von Leiterplatten automatisiert. Das Unternehmen hatte vorher bereits Erfahrungen mit klassischen, vollautomatisierten Prozessen gemacht. Für die neuen Anforderungen waren diese jedoch keine geeignete Lösung. Die besondere Herausforderung war die Bandbreite an Einzelaufgaben, die der Roboter innerhalb des Prozesses übernehmen sollte. Hierfür eignete sich eine MRK-Applikation, die wir gemeinsam entwickelten. Für Melecs EWS war dieses Innovationsprojekt der Einstieg in die kollaborative Robotik.

Starker Helfer: Der Cobot bei Melecs EWS verpackt im Jahr 2 Millionen Platinen.

Worauf es bei der Cobot-Integration ankommt

Im Automatisierungsprozess durchlaufe ich gemeinsam mit den Firmen folgende Schritte:

  • Potenzialanalyse: Identifikation der in der Produktion zu optimierenden Prozesse
  • Simulation: Virtuelles Testen der Zusammenarbeit von Mensch und Cobot in 2D und 3D
  • Prototyp: Einrichten einer Prototyp-Applikation in unserer Pilotfabrik, an der die Mitarbeiter angelernt und konkrete Verbesserungswünsche vorgenommen werden können
  • Integration: Inbetriebnahme des Cobots und reibungslose Integration in die Produktion

Für mich ist es dabei besonders wichtig, die Anforderungen der Mitarbeiter an den Cobot in meine Arbeit zu integrieren. Dieser soll die Mitarbeiter von unergonomischen sowie monotonen und zeitintensiven Tätigkeiten entlasten und keine Negativerfahrung darstellen. Dafür steht die Prototyp-Anwendung bereit, an der erste Berührungspunkte geschaffen werden.

Robotik-Ingenieurin, ein sozialer Beruf?

Die intensive Arbeit gemeinsam mit den Mitarbeitern der Firmen ist es, was ich an meinem Beruf als Ingenieurin in der kollaborativen Robotik so schätze: Obwohl ich im Automatisierungsbereich tätig bin, kommt der soziale Aspekt nicht zu kurz. Denn im Fokus steht für mich der Mensch. Für die Mitarbeiter sollen Automatisierungslösungen den Arbeitsalltag zum einen spannender gestalten. Zum anderen werden durch intuitiv bedienbare Cobots auch erste Berührungspunkte mit dem Programmieren geschaffen. An dieser Stelle könnten Cobots in Zukunft nicht nur für die Industrie einen geeigneten Einstieg bieten.

Cobots: Bald auch im Alltag?

Mit Cobots sind erste Schritte in der Automatisierung auch für Laien möglichen, denn sie bieten bei der Programmierung direktes Feedback. Die einfache Bedienung und der sichere Umgang ohne jegliche Art von Schutzzaun machen Cobots in meinen Augen in gar nicht allzu ferner Zukunft auch als Unterstützung im Alltag attraktiv. Vielleicht sind sie eines Tages als Haushaltshilfe im Einsatz und übernehmen zeitintensive Hausarbeiten wie Bügeln?

Ob in der Industrie oder im Alltag: Automatisierung sollte als Chance wahrgenommen werden, nicht als Bedrohung. Auch hier sehe ich meine Aufgabe als Robotik-Ingenieurin: Ich möchte Automatisierung für jeden greifbar machen, nicht nur für Unternehmen. Denn Cobots schaffen Raum für Kreativität und Innovationen - zwei Aspekte, die auch innerhalb der Robotik eine zentrale Rolle spielen.

Robotik und Kreativität?

Gibt es Kreativität innerhalb der Robotik? Eine Frage, die auch ich mir gestellt habe. Denn eine Karriere in der Technik war nicht immer mein Wunsch, auch einen künstlerischen Beruf hätte ich mir gut vorstellen können. Mittlerweile habe ich erkannt, dass sich im Job als Robotik-Ingenieurin technische Aspekte gut mit kreativen Denkweisen vereinbaren lassen. Für Innovationen, gerade im Bereich der kollaborierenden Robotik, braucht es ein Andersdenken: Flexible Roboter erfordern kreative Lösungsansätze, um ihr Potenzial zu maximieren. Daher brauchen wir Köpfe, die Lust auf Zukunftsmusik haben und bereit dafür sind, bekannte Problemlösungen hinter sich zu lassen.

Ein kurzer Einblick in den Alltag und Werdegang einer Robotik-Ingenieurin.

Technikbegeisterung fördern

Hier sehe ich die Förderung in der Technik als einen wichtigen Aspekt - nicht nur für Frauen, sondern für alle Interessierten. Die gezielte Förderung von Frauen ebenso wie die Einführung einer Quote sehe ich als problematisch, da sie das Talent der Studentinnen und Auszubildenden untergräbt. Stattdessen sollte die Bandbreite an möglichen Themen stärker in den Fokus gerückt werden. Was wir in der Technik – insbesondere in der Robotik – wirklich brauchen, ist Diversität und unterschiedliche Talente. Jeder, der sich dafür begeistert, sollte sich nicht einschüchtern lassen. Meist sind die Themen abwechslungsreicher und kreativer als erwartet. Und auch der soziale Aspekt kommt nicht zu kurz.

Titanilla Komenda

Titanilla Komenda ist seit 2017 bei der Fraunhofer Austria Research GmbH als Robotik-Ingenieurin tätig. Sie hat sich auf die kollaborative Robotik spezialisiert und begleitet Firmen aus der Industrie bei der Erstellung und Inbetriebnahme von Automatisierungslösungen. Dazu forscht sie an innovativen Cobot-Lösungen und ist bei besonders schwierigen Anforderungen aus der Industrie die richtige Ansprechpartnerin. Auch in Bezug auf den digitalen Fortschritt berät sie diverse Branchen oder Länder bei der Umsetzung.

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