MRK: Kollaborativ heißt nicht langsam

In der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) arbeiten Cobots meist langsamer, als sie es könnten. So gewährleisten sie eine sichere Zusammenarbeit. Wie schöpfen Anwender das Potenzial der Roboter dennoch voll aus? Eine Möglichkeit ist, einen Kollaborationsraum zu definieren. Wir zeigen Ihnen, worauf es dabei ankommt.

MRK: Kollaborativ heißt nicht langsam | Universal Robots
MRK: Kollaborativ heißt nicht langsam | Universal Robots

In unserer Safety-Reihe thematisieren wir hier das besondere Potenzial des Kollaborationsraums. Weitere Themen der Serie: Arbeitssicherheit mit und durch Cobots , Orientierung im Normendschungel und Risikobeurteilung.

Die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) ist längst in produzierende Betriebe auf der ganzen Welt eingezogen – vom großen Automobilkonzern bis zum mittelständischen Familienunternehmen. Kein Wunder: Die direkte Zusammenarbeit von Mitarbeiter und Roboter birgt Vorteile für Produktionen jeder Größe und Branche.

In der MRK schöpfen Roboter ihre Geschwindigkeit und Kraft jedoch nicht immer voll aus, um die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. Um kollaborative Anwendungen nicht nur sicher, sondern auch möglichst flexibel und wirtschaftlich zu gestalten, empfiehlt sich oft eine Aufteilung des Arbeitsraums in zwei Bereiche: den „normalen“ Bereich und den Kollaborationsraum.

Wozu ein Kollaborationsraum?

Mit Hilfe dieser Unterteilung ist ein effizienter Mixbetrieb realisierbar. Das heißt, dass es einen Bereich gibt, in dem nur der Roboter agiert und einen Bereich, in dem Mensch und Roboter zusammenarbeiten. Für die einzelnen Arbeitsräume gelten wiederum verschiedene Sicherheitsstandards.

Der „normale“ Bereich

  • Hier arbeiten Mensch und Roboter getrennt voneinander. Dadurch kann der Cobot mit hoher Geschwindigkeit agieren und kurze Taktzeiten erzielen.
  • Da hier kein Kontakt zwischen Mensch und Roboter stattfindet, ist bei der Risikobeurteilung keine Kraft- und Druckmessung zur Gewährleistung der Sicherheit notwendig, sondern es gelten die gängigen Sicherheitsparameter.
  • Dennoch ist der Bereich durch den sofortigen Halt des Roboters bei Eingriff durch den Menschen gesichert. (z.B. über Sicherheitslichtgitter)

Der Kollaborationsraum

  • Hier können Mensch und Roboter sich zur gleichen Zeit in einem gemeinsamen Arbeitsraum bewegen und miteinander interagieren.
  • In diesem Bereich muss nachgewiesen werden, dass im Rahmen der Zusammenarbeit keine Gefahren für den Menschen auftreten können. Um den Verifizierungsaufwand zu reduzieren, sollte der Maßstab „So klein wie möglich, so groß wie nötig“ für diesen geteilten Arbeitsraum gelten.
  • Zur Gewährleistung der menschlichen Sicherheit, werden im Kollaborationsraum die Werte der Sicherheitsparameter (Geschwindigkeit, Kraft, Leistung usw.) reduziert. Der Roboter arbeitet dadurch mit reduzierter Geschwindigkeit und seine Abschaltung erfolgt hochsensibel, sobald er eine Kollision erkennt.

Die Trennung der beiden Bereiche kann entweder durch externe Sensoren, wie etwa einen Lichtvorhang, oder durch die Definition von Sicherheitsebenen erfolgen. Damit ist sichergestellt, dass der Roboter von einem Modus in den nächsten wechselt: Bewegt er sich durch diese Ebenen, wird die Umschaltung ausgelöst.

Beispiel aus der Praxis

Eine Applikation auf einem unserer Messestände veranschaulicht die Idee der verschiedenen Bereiche: Drei UR3e-Roboter arbeiten im Verbund, um dem Besucher eine vor Ort gravierte Taschenlampe zu überreichen. Dafür müssen die Roboter die Taschenlampe zunächst zusammenbauen, eine Batterie einsetzen und sie anschließend noch mit einer Laser-Gravur versehen. Einer der Roboter überreicht im letzten Schritt dem Messebesucher die Taschenlampe.

Diese Taschenlampen-Applikation zeigt, wie die Aufteilung in "normalen" Bereich und Kollaborationsraum aussehen kann.
Diese Taschenlampen-Applikation zeigt, wie die Aufteilung in "normalen" Bereich und Kollaborationsraum aussehen kann.

Im Modell sieht die Applikation wie folgt aus:

MRK: Kollaborativ heißt nicht langsam
MRK: Kollaborativ heißt nicht langsam

Die rote Färbung kennzeichnet den „normalen“ Bereich. In dieser Anwendung ist er von drei Seiten umhaust und vorne über ein Lichtgitter abgesichert, um eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit der Roboter zu ermöglichen.

Bevor der UR3e, der die Taschenlampe an die Besucher reicht, das Lichtgitter durchfährt, verlässt er den roten Bereich und schaltet sich dabei selbst in den reduzierten Modus. In diesem sind jedoch bestimmte Bereiche für den Roboter gesperrt, was hier anhand des gelben Bereichs dargestellt wird. Der Roboter kann sich daher nur in dem dargestellten „Tunnel“ bewegen, sobald er den „normalen“ Bereich verlässt. So ist die Sicherheit des menschlichen Kollegen, oder in diesem Fall des Messebesuchers, immer gewährleistet.

Kollaborationsraum: Ja oder nein?

Die Unterscheidung eines Kollaborationsraumes vom mit externer Sicherheitstechnik überwachten Arbeitsbereich des Roboters ist bei manchen Applikationen sinnvoller als bei anderen. Jede Applikation muss bei der Implementierung im Ganzen betrachtet werden und Endeffektoren sowie Werkstücke bei der Risikobeurteilung mit einbezogen werden. So kann die sicherste und effizienteste Arbeitsweise für jede Anwendung ermittelt werden. Die Sorge, dass kollaborative Applikationen zu hohe Taktzeiten verursachen, sollte also kein Unternehmen von der Implementierung einer solchen abhalten.

Andreas Schunkert

Andreas Schunkert ist Spezialist für sichere MRK-Anwendungen und verantwortete von März 2015 bis März 2021 als Head of Technical Support Western Europe bei Universal Robots den kompletten technischen Bereich in der Region: Neben der Leitung des Schulungszentrums stellte er außerdem die technische Beratung von Großkunden und Integratoren sicher. Andreas Schunkert ist außerdem Mitglied des nationalen Normungsgremiums zur Sicherheit in der industriellen Robotik sowie der WG3 des ISO Comites 299 und trägt aktiv zur ständigen Weiterentwicklung der Robotersicherheit bei.

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