Und die Antwort auf diese Frage ist nicht, dass bald Heerscharen von Robotern kreuz und quer durch die Industriewerke fahren. Das ist Quatsch! Denn es ist teuer, ineffizient und bringt aktuell niemanden weiter. Um das Problem der Varianz in Zukunft lösen zu können, braucht es einen Weg dazwischen. Also einen hybriden Ansatz aus konventioneller Linie und linienlosen, mobilen und autonomen Systemen.
Klingt spannend. Gibt es bereits etwas Vergleichbares in der Praxis?
Hüttemann: Nach meinem Wissensstand ist solch ein vollumfängliches System aktuell nicht im Einsatz.
Warum?
Hüttemann: Es gibt zwei zentrale Herausforderungen. Die erste ist die Produktionssteuerung. Die Linie von Herrn Ford hatte einen großen Vorteil. Es ist ziemlich klar, was da passiert – von A nach B zu C. Deterministisch und einfach.
Ein linienloses System ist das nur dann, wenn ich Teile seiner Vorteile aufgebe. Wie zum Beispiel, dass es spontan auf Änderungen, Störungen und Materialverfügbarkeit reagieren kann. Diese Vorteile nutzen zu können, bedeutet aber auch, dass ich in der Folge eine viel komplexere Fragestellung beantworten muss. Jetzt ist auch ein Sprung von A nach C zu E möglich. Diese Komplexität kann ich als Mensch nicht beherrschen.
Heißt: Ich brauche an der Stelle ein entsprechendes Steuerungssystem, das folgende Fragen beantwortet: Welche Schritte gibt es? In welcher Reihenfolge? Durch wen – also Maschine oder Mensch? Und wo? Das Problem ist mathematisch beschrieben und lösbar. Aber es gibt Stand heute niemanden auf dem Markt, der solch eine Software anbietet. Also muss ich sie als Unternehmen entweder selbst entwickeln oder jemanden dafür bezahlen. Das Problem ist nur: Das sind Software-Fragestellungen, die substanzielle Personenjahre an Entwicklerzeit in Anspruch nehmen. Und am Ende muss das Programm natürlich noch funktionsfähig sein.
Und was wäre die zweite Herausforderung eines linienlosen Systems?
Hüttemann: Den Robotern mehr Autonomie zu verpassen. Nehmen wir einen kollaborierenden Roboter von Universal Robots. Die Hardware ist unglaublich simpel. Ebenso die Art und Weise der Programmierung – da hat UR einiges richtig gemacht. Trotzdem muss ich manuellen Input reinstecken, wenn der Cobot eine neue Aufgabe erledigen soll. Wenn ich aber als Unternehmen auf Losgröße 1 produziere, kann ich nicht jedes Mal einen Menschen hinstellen, der das manuell einrichtet. Egal wie einfach das ist. Es kostet einfach zu viel Zeit. Die Frage ist also: Wie kommen wir hier einen Schritt weiter?