Frauen in der Robotik: Maschinenbauerin im Interview

Lösungen finden ist ihr Job: Sarah Eschelbacher, Gruppenleiterin am Institut für Werkzeugmaschinen in Stuttgart. In diesem Gastbeitrag erfahren Sie, was die Maschinenbau-Expertin antreibt, wie ein Cobot die Forschungsarbeit erleichtert und was es braucht, damit noch mehr Frauen einen technischen Beruf ergreifen.

Automation und Robotik am IfW Stuttgart | Universal Robots
Automation und Robotik am IfW Stuttgart | Universal Robots

Zum Weltfrauentag wollen wir besondere Leistungen von Frauen in der Robotik sichtbar machen. Die Arbeit von Frauen wie Sarah Eschelbacher, die als Gruppenleiterin am IfW Stuttgart lehrt, forscht und sich dabei jeden Tag in der Männerdomäne Maschinenbau behauptet. In diesem Gastbeitrag erfahren Sie, warum Holz ein so interessantes Material ist, wie der wissenschaftliche Austausch trotz Homeoffice gelingt und weshalb der Frauentag hoffentlich bald passé ist.

Mein Beruf: Lösungen finden

Seit Februar 2018 arbeite ich als Gruppenleiterin für Prozessüberwachung und -regelung am Institut für Werkzeugmaschinen der Universität Stuttgart. Die Aufgaben in meinem Beruf sind sehr vielseitig: Als akademische Mitarbeiterin bewege ich mich zum einen in der Lehre, zum anderen in der Forschung. Dies umfasst die Betreuung von studentischen Arbeiten und Projektarbeiten ebenso wie die Vorbereitung und Durchführung von Praktika und Vorlesungen für Studenten. Auch das Lesen aktueller Literatur, die Teilnahme an Veranstaltungen und der Wissensaustausch mit der Forschungs- und Industrielandschaft gehören dazu.

Die einzige Konstante: Abwechslung

Durch die Corona-Pandemie bin ich oft im Homeoffice tätig. Als akademische*r Mitarbeiter*in an einem technischen Institut muss man jedoch auch vor Ort sein, da die Maschinen sich ja nicht selbst bedienen können.

An meinem Beruf gefällt mir die Vielfalt an Tätigkeiten besonders gut. Einen typischen Arbeitsalltag gibt es gar nicht. Es passiert immer etwas Unerwartetes: Kollegen benötigen Hilfe, Studenten haben Fragen, Industriepartner brauchen spontan Zuarbeit oder ein Projekt wurde kurzfristig bewilligt, eine neue Forschungsidee entsteht beim Plausch mit den Kollegen in der Mittagspause. Ich darf mit Uni-internen und externen Partnern an hochspannenden Themen arbeiten, neue Forschungsgebiete eröffnen und mich mit Fragen beschäftigen, die sich vielleicht bisher nur wenige überhaupt gestellt haben. Es gibt so viele Dinge, die im Laufe eines Tages den eigentlichen Plan verändern, zum Glück meist zum Positiven.

In meinem Beruf beschäftige ich mich vor allem mit Innovationen im Bereich Werkzeugmaschinen. Bereits seit einigen Jahren bemerken wir die gestiegene Interaktion von Werkzeugmaschinen und Robotern. Egal, wohin man sieht, Roboter bestücken die Werkzeugmaschinen mit Geräten, sie füllen die Lager auf oder bewegen die Teile von einer Maschine oder Maschinenstation zur nächsten.

Eine Leidenschaft, geschnitzt aus gutem Holz

Genauso wenig langweilig ist mein Lieblingsmaterial: Holz – Massivholz! Holz „lebt“ einfach und die Natürlichkeit des Werkstoffes ist unvergleichbar. Kein anderes Material schafft es, bei den Menschen ein so starkes Gefühl von Wohlbefinden, Geborgenheit und Wärme hervorzurufen. Zudem ist jedes Stück ein Unikat, keines gleicht dem anderem – Holz ist folglich immer etwas Besonderes.

Sarah Eschelbacher bearbeitet ihr Lieblingsmaterial: Holz. © IfW Stuttgart
Sarah Eschelbacher bearbeitet ihr Lieblingsmaterial: Holz. © IfW Stuttgart

Diese Leidenschaft ist eng mit meiner Begeisterung für Maschinenbau verknüpft. Schon als kleines Kind haben meine Eltern mich immer einbezogen, wenn es darum ging, Möbel aufzubauen oder neu aufzubereiten, den Balkon in einen Wintergarten umzubauen, die Zündkerzen am Motorrad zu wechseln, Bäume zu fällen, die eigenen Elektrowerkzeuge auseinanderzuschrauben … Diese Erlebnisse haben mich geprägt und meine Faszination für Technik geweckt. Da schien mir der Studiengang Maschinenbau genau richtig.

Anfangs war mir nicht klar, was genau mich am meisten interessiert. Mit Maschinenbau als eher allgemeines Fach konnte ich diese Entscheidung auf etwas später vertagen. Im Master-Studiengang habe ich mich dann auf die Werkstoff- und Produktionstechnik spezialisiert. Der Umgang mit Materialien, deren Charakteristika und weitere Aspekte weckten mein Interesse und meine Forschungslust in diesem Bereich.

Im Maschinenbau zählt das Team

Mir ist bewusst, dass noch immer wenige Frauen diesen Studiengang wählen. Doch ich finde: Wenn sie Maschinenbau studieren, dann haben sie die größte Hürde geschafft, indem sie sich für die technische Richtung entschieden haben. Ich würde den Studentinnen einfach sagen: Seid stolz auf euch, dass ihr euch in einen „noch“ männerdominierten Berufszweig gewagt habt. Ihr, als Lernende mit den Bestrebungen nach technischen Berufen, steht den Männern in nichts nach – außer vielleicht beim Tragen schwerer Bauteile, Motoren, Produkte. Aber vergesst nie: Ein Team ist besonders erfolgreich, wenn es so durchmischt wie möglich ist – das zeigt sich auch in der Praxis.

Aus diesem Grund betrachte ich Frauenstudiengänge, also Studiengänge, die sich ausschließlich an Frauen richten, mit gemischten Gefühlen. Wenn es nur um den Einstieg in die technische Richtung geht, kann dieses Angebot vielen jungen Frauen helfen, die eigene Unsicherheit zu vergessen und es einfach zu versuchen. Langfristig muss man sich aber mit dem männlichen Geschlecht im Beruf auseinanderzusetzen, und das ist auch gut so. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Frauen in technischen Berufen manchmal weniger zugetraut wird. Veraltete Rollenbilder trifft man aber überall an, nicht nur in diesem Umfeld. Überwiegend habe ich positive Erfahrungen gemacht und kann damit nur alle Frauen ermutigen, ihren eigenen Interessen zu folgen. Aktuell arbeite ich mit 22 männlichen und zwei weiblichen Kollegen zusammen und fühle mich absolut wohl! Das Geschlecht spielt hier überhaupt keine Rolle, wir sind alle gleich und so macht die Arbeit auch Spaß!

Gleichberechtigung im Alltag verankern

Räume für technische Beschäftigung muss man schon früher schaffen, zum Beispiel in der Schule.

Veranstaltungen wie der „Girls‘ Day“ tragen seit Jahren viel dazu bei, dass Frauen sich stärker für technische Berufe interessieren. Die Vorstellung technischer Studiengänge an Gymnasien weckt weiteres Interesse. So durfte auch ich Schüler*innen der Oberstufe bereits zweimal aufzeigen, wie faszinierend technische Berufe sein können. Insgesamt würde ich sagen, dass wir auf einem guten Weg sind, eigene Interessen unabhängig vom Geschlecht zu fördern.

Ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass es bald keinen internationalen Frauentag und ebenso keinen internationalen Männertag mehr braucht, um auf Gleichberechtigung und Diskriminierung aufmerksam zu machen.

Das Robotikpotenzial in der Forschung

In der Forschung wird die Verbindung aus Maschinenbau und Robotik nicht mehr wegzudenken sein. Dort beschäftigen wir uns mit noch ungelösten Problemstellungen, und dafür ist eine detaillierte Beobachtung notwendig. Das heißt auch, dass oft viele Daten gesammelt werden müssen, um einen Prozess erst richtig verstehen zu können. Dabei können Cobots sehr hilfreich sein, denn sie übernehmen repetitive Aufgaben und verkürzen Arbeitsprozesse enorm. Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie Roboter in der Forschung bereits behilflich sind. Ich persönlich möchte in so einigen Punkten schon jetzt nicht mehr auf die Arbeit mit einem Cobot verzichten.

Am IfW Stuttgart kommt ein Cobot der Firma Bruker Alicona zum Einsatz. © IfW Stuttgart
Am IfW Stuttgart kommt ein Cobot der Firma Bruker Alicona zum Einsatz. © IfW Stuttgart

Cobots als Forschungsassistent

Einer dieser Cobots, die ich nicht mehr missen möchte, ist ein CompactCobot. Unser Modell der Firma Bruker Alicona besteht aus einem kollaborierenden 6-Achs-Roboter von Universal Robots und einem stabilen optischen 3D-Messsensor. Der Cobot kommt in vielen Bereichen zum Einsatz: bei der Untersuchung von Werkzeugen, deren Standzeit oder des Verschleißverhaltens sowie bei der Qualitätsbeobachtung von Bauteilen.

Auch die Daten lassen sich automatisiert auswerten. Damit erleichtert uns der Cobot die Forschungsarbeit enorm! Aufgrund der leichten Bedienung und der großen Beweglichkeit erreicht er fast jede Stelle der Werkzeugmaschine, und auch Student*innen arbeiten bereits damit. Wir können ihn flexibel vor jede beliebige Maschine stellen und dort verwenden.

Messen, testen, auswerten: Der Cobot erleichtert die Forschungsarbeit enorm © IfW Stuttgart
Messen, testen, auswerten: Der Cobot erleichtert die Forschungsarbeit enorm © IfW Stuttgart

Wenn ich könnte, würde ich einem Cobot die Arbeitsaufgaben auftragen, die sich über einen langen Zeitraum monoton wiederholen. Ihm wird dabei nicht so schnell langweilig wie mir. 😊 Ich kümmere mich dann lieber um Zuordnung und Interpretation der Ergebnisse, die mir der Roboter liefert, das ist ja auch das Spannende! Und im privaten Umfeld? Am liebsten alles, was mit der Hausarbeit zu tun hat, außer Gartenarbeit – das mache ich selbst zu gerne! Ach ja … und kochen will ich auch lieber weiterhin eigenhändig!

Sarah Eschelbacher

Sie kann gut mit Menschen und Maschinen: Sarah Eschelbacher, Gruppenleiterin am Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) der Universität Stuttgart. Wenn die Maschinenbau-Expertin und Holzliebhaberin gerade nicht forscht, technische Prozesse überwacht und Studierenden weiterhilft, tankt sie neue Kraft im Kreise ihrer Freunde und Familie und entspannt bei der Gartenarbeit.

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